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Hörgeräte Zuschuss Krankenkasse | Festbetrag | Kostenübernahme | Zuzahlung

Hörgeräte - So erhalten Sie den Zuschuss / Festbetrag Ihrer Krankenkasse

Hörgeräte Zuschuss Krankenkasse | Festbetrag | Kostenübernahme | Zuzahlung
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Krankenkassen zahlen einen Zuschuss für ein Hörgerät. Wie hoch dieser Festbetrag ist und welche Zuzahlung Versicherte leisten müssen, erklären wir in diesem Ratgeber.

| Steffen Gottschling

In Deutschland gibt es nach Einschätzung des Deutschen Schwerhörigenbunds (DSB) rund 15 Millionen hörgeschädigte Menschen. Bei sechs Millionen, so die Einschätzung des DSB, sind die Schädigungen so stark, dass sie mit einem technischen Hilfsmittel wie einem Hörgerät versorgt werden müssten. 

Basenio.de, das Onlineportal für die Generation 50 plus, zeigt Ihnen, wie Sie von Ihrer Krankenversicherung Geld für ein Hörgerät erhalten können.

Hörgerät beantragen

Wer erstmalig ein Hörgerät über die Krankenkasse erhalten will, muss sich den Bedarf zwingend von einem Arzt attestieren beziehungsweise verschreiben lassen. Mit dessen Verordnung geht man zunächst zur Krankenkasse, die dem Versicherten die Kontakte ihrer Vertragspartner für Hörgeräte gibt.

Die Kassen haben Kooperationen mit Hörgeräteakustikern, um Ihre Leistung zu gewähren. Die ärztliche Verordnung legen Sie dann auch bitte im Original beim Hörgeräteakustiker vor.

Tipp: Mindestens zwei Mal beraten lassen

Lassen Sie sich bei mindestens zwei Hörgeräteakustikern, die Ihnen die Krankenkasse vorgeschlagen hat, Angebote zeigen und beraten. Wie bei vielem gilt, der Vergleich macht’s. Beim Beratungstermin sollten Sie mehrere Hörgeräte testen. Lassen Sie sich die Technik dabei erklären, denn moderne Geräte haben viele Einstellungsmöglichkeiten.

 

Das Bundessozialgericht entschied 2009, dass ärztlich verschriebene Hörgeräte dem „Stand der Technik“ entsprechen müssen. Das Urteil ist unter dem Aktenzeichen B 3 KR 20/08 R einsehbar.

Der Gesetzgeber hat 2013 entsprechende Regelungen getroffen, die einen Mindeststandard festlegen. Daher dürfen keine technologisch veralteten Hörgeräte bei ärztlichen Verordnungen verkauft werden. Mehr zu den Mindestanforderungen erfahren Sie in der Beratungsrichtlinie des DSB. In untenstehender Grafik sind die Standards aufgeführt.

Mindestausstattung aufzahlungsfreier Hörgeräte

  • digitale Signalverarbeitung
  • Mehrkanal-Verstärkertechnik, mindestens vier Kanäle
  • Rückkopplungsunterdrückung
  • Störschaltunterdrückung
  • Mindestens drei frei programmierte akustisch übertragene Hörprogramme
  • Verstärkungsleistung >75 dB bei Hörgeräten für Versicherte mit an Taubheit grenzender Schwerhörigeit
  • Verstärkungsleistung >25 dB bis >75 dB bei den übrigen schwerhörigen Versicherten
  • eine ausreichende Verstärkungsreserve von 10 bis 15 dB je nach Anpassformel ist zu berücksichtigen

 

Derzeit gibt es zwei marktübliche Systeme für Hörhilfen, die Hinter-dem-Ohr-Hörsysteme (HdO-Geräte) und Im-Ohr-Hörsysteme (IO-Geräte). Beide können als Kassenleistung abgerechnet werden.

Hat man sich für ein Gerät entschieden, sollen Kostenvoranschlag und ärztliche Verordnung der Krankenkasse übergeben werden. Erst wenn die eine schriftliche Zusage für die Kostenübernahme erteilt, kann das gewünschte Hörgerät als aufzahlungsfreie Kassenleistung beim Hörgeräteakustiker bestellt werden.

 

Youtube Video Hörgeräteversorgung: Der "verkürzte Versorgungsweg"

Hörgeräte - Zuschuss Krankenkasse

Bei den Regelungen für den Zuschuss zu Hörgeräten bestehen Unterschiede zwischen gesetzlichen und privaten Versicherungen. Das betrifft auch die Höhe des Festbetrags für die Hörhilfen.

Was ist der Festbetrag?

Der Festbetrag ist die maximale Grenze, bis zu der die Krankenkassen Kosten für verordnete Hilfsmittel übernehmen. Für die gesetzlichen Krankenkassen wird die Höhe des Festbetrags durch den Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen (GKV) festgesetzt.

Gesetzliche Krankenkassen

Hörgeräte werden als Hilfsmittel anerkannt und müssen daher, sofern sie verordnet wurden, von den gesetzlichen Krankenkasse bezuschusst werden. Die Höhe des Zuschuss beziehungsweise Festbetrags richtet sich nach der notwendigen Versorgungsleistung. 

Positionsnummer im HilfsmittelverzeichnisBezeichnungFestbetrag
13.20.12/22Hörgerät für schwerhörige Versicherte, ausgenommen an Taubheit grenzend schwerhörige Versicherte704,37 EUR
13.20.10Hörgerät für an Taubheit grenzend schwerhörige Versicherte 734,81 EUR

Festbeträge für Hörhilfen seit 1. April 2022 


Der Festbetrag ist eine Netto-Angabe. Sind Versicherte nicht gänzlich von Zuzahlungen befreit, müssen sie pro Hörgerät noch einmalig zehn Euro als gesetzliche Zuzahlung leisten. Das gilt auch bei aufzahlungsfreien Hörhilfen. Holt man sich gleich ein zweites Gerät dazu, kann es sein, dass ein Abschlag der Kasse von bis 20 Prozent hingenommen werden muss.

Wie hoch und ob es einen Abschlag gibt, ist von der jeweiligen Krankenkasse abhängig. Gesetzlich Versicherte haben einen Anspruch darauf, alle sechs Jahre die Kostenübernahme für ein neues Hörgerät bei der Kasse zu beantragen. Klassifiziert werden diese Hörhilfen als aufzahlungsfreie Hörgeräte. Was sie mindestens leisten müssen, ist aus obenstehender Grafik ersichtlich.

Welche Hörgeräte bezahlt die Krankenkasse?

Im Hilfsmittelverzeichnis des GKV sind in der Produktgruppe 13 Hörgeräte aufgeführt, für die die Krankenkassen Kosten übernehmen.

 

Private Krankenkassen

Bei den privaten Krankenkassen verhält es sich etwas anders. Grundsätzlich sind auch sie verpflichtet, Kosten für Hörhilfen zu übernehmen. Der Festbetrag richtet sich aber nach dem jeweiligen Versicherungstarif, der zwischen Versicherer und Versichertem ausgehandelt wurde.

Einen bedeutenden Unterschied zwischen gesetzlichen Krankenkassen und ihren privaten Pendants gibt es bei Kostenübernahmen, die über den Festbetrag hinausgehen. Gesetzlich Versicherte brauchen in diesem Fall einen medizinischen Nachweis, den sie ihrer Krankenkasse vorlegen.

Die Kassen sind dann bei ausreichend begründetem Bedarf verpflichtet, Kosten auch über den Festbetrag zu übernehmen. Bei privat Versicherten gilt selbiges, jedoch müssen die Kassen Kosten für teurere Geräte in vollem Umfang tragen, auch wenn es günstigere Alternativen gäbe. Ein entsprechendes Urteil (Az.: 2 S 311/08) fällte das Landgericht Regensburg.

 

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Sollen teurere Geräte von der Krankenkasse bezahlt werden, braucht es ein ärztliches Attest. (Quelle: Monkey Business - Fotolia)


Um diese Mehrkosten erstattet zu bekommen, müssen Versicherungsnehmer neben dem medizinischen Nachweis auch noch einen Antrag auf Übernahme für Mehrkosten bei ihrer Versicherung einreichen.

Die Verbraucherzentrale rät dazu: „Die Akustiker legen den Versicherten zwar eine sogenannte "Mehrkostenerklärung des Versicherten" vor, die sie unterschreiben sollen. Obwohl der Versicherte hierbei auch unterschreibt, dass er die Mehrkosten selber trägt, sollte er bei medizinischer Notwendigkeit in jedem Fall einen Antrag bei der Krankenkasse stellen.“

Übrigens, lehnt die Krankenkasse die Kostenübernahme ab, können Versicherungsnehmer dagegen widersprechen oder gar klagen. In beiden Fällen müssen sie dann aber entstandene Kosten vorstrecken.

Musterbrief für Widerspruch

Sollte die Kasse die Kostenübernahme für Ihr gewünschtes Hörgerät ablehnen, haben Sie ein Widerspruchsrecht. Einen entsprechenden Musterbrief hat der DSB ins Netz gestellt. Die Krankenkasse muss binnen drei Wochen über den Widerspruch entscheiden. Lehnt sie dann ab, können die Versicherten vor dem Sozialgericht Klage einrechen. Dort sind die Gerichtsverfahren für Versicherte und Antragsteller kostenfrei (Sozialstaatsprinzip).


Im Festbetrag selber sind noch weitere Leistungen neben den Anschaffungskosten enthalten. Aufwendungen für die Beratung, Programmierung und Anpassung des Hörgeräts sind inklusive. Ebenso sind Serviceleistungen und mögliche Reparaturen mit dem Festpreis abgedeckt.

Übrigens, Kosten für Batterien der Hörhilfen werden nur bis zum 18. Lebensjahr von den Kassen getragen. Wenn Hörgeräte grob fahrlässig oder vorsätzlich verloren oder beschädigt worden, übernehmen die Krankenkassen den Verlust in der Regel nicht.

Krankenzusatzversicherung

Insbesondere für Versicherte in der gesetzlichen Krankenversicherung kann es in einigen Fällen sinnvoll sein, noch eine private Krankenzusatzversicherung abzuschließen. Da die Krankenkassen laut Vorgaben des Sozialgesetzbuchs nur notwendige Leistungen übernehmen, kann eine Versorgungslücke entstehen zwischen dem, was als notwendig erachtet wird, und dem, was Versicherte sich wünschen.

Diese Versorgungslücke kann durch eine Krankenzusatzversicherung geschlossen werden. Ist im Versicherungstarif ein Zuschuss für ein Hörgerät vorgesehen, greift dieser im Versicherungsfall und die Kasse zahlt den zusätzlichen Betrag. Allerdings werden solche Tarife oft nur mit Gesundheitsfragen beziehungsweise -prüfungen gewährt. Angebote ohne eine solche Prüfung sind in der Regel dann etwas kostspieliger.

Worauf Verbraucher bei einer Krankenzusatzversicherung ohne Gesundheitsfragen achten sollten, hat die Versicherungsagentur "Clark" in einem Ratgeber zusammengetragen.

 

Betroffene geben Tipps für Hörgeräteversorgungft

In diesem Forum können sich Interessierte zum Thema Schwerhörigkeit und Hörhilfen austauschen.

Weitere Kostenträger für Hörhilfen

Neben den Krankenkassen gibt es weitere Kostenträger für Hörhilfen.

Rentenversicherung

Rentenversicherungen können Kosten übernehmen, die die Krankenkassen nicht leistet. Den entsprechenden Antrag auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben können Sie im Netz runterladen.

Wichtig, der Versicherungsnehmer muss erstens noch im Arbeitsleben stehen und zweitens sich zunächst an die Krankenkasse wenden. Leistet die nicht, kann der Rententräger einspringen. Dem Antrag müssen Sie noch dieses Formular beifügen.

Unfallversicherungen

Sind Ansprechpartner, wenn die Schwerhörigkeit in Folge eines Unfalls entstanden ist.

Berufsgenossenschaft

Tritt die Schwerhörigkeit in Folge eines betrieblichen Unfalls oder einer betrieblich bedingter Berufskrankheit ein, kann die jeweilige Berufsgenossenschaft des Betroffenen die Kosten für die Hörgeräteversorgung übernehmen.

Agentur für Arbeit

Siehe Rentenversicherung, Leistungen können im gleichen Fall auch hier beantragt werden.

Versorgungsamt

Zuschüsse werden durch das Versorgungsamt bei erlittenen Schäden durch Krieg, Gewalteinwirkungen oder Impfung gewährt.

 

Hörgerät ohne Krankenkasse kaufen

In der Praxis kennt man jedoch das Problem, dass klassische Hörtests beim HNO-Arzt und Akustiker sogenannten verdeckte Hörverluste nicht identfizieren können, erklärt Benjamin Schadow, der Geschäftsführer von Hörstil in Erfurt. In diesen Fällen kann die Krankenkasse den Zuschuss versagen. "Spezielle Satztests im Störgeräusch sind eher aussagekräftig. Wenn man knapp an der Indikationsschwelle vorbeischlittert, hängt das meist am "Freiburger Einsilbertest", weiß Schadow.

Bei dem Test werden einsilbige Worte wie "Ring" oder "Hund" vorgesagt, die der Patient im idealfall hört und nachsprechen kann. Doch das System ist anfällig. "Die Schwelle liegt bei 80 Prozent, das heißt, vier von zwanzig Wörtern 'müssen' falsch verstanden werden. 'Rät' man einmal zuviel richtig, sind es 85 Prozent und man fällt aus dem Raster", erklärt der Geschäftführer.

Sollte man trotz bestandenem Test Probleme haben, kann auch eine zweite Meinung eingeholt werden. In Einzelfällen lassen sich Krankenkassen auf die Zahlung des Vertragspreises ein. Sollte die Kasse sich gänzlich verweigern, die Kosten zu übernehmen, müssen Betroffene sich selber eine Hörhilfe organisieren. Dafür empfiehlt Schadow, den Gang zu einem verantwortungsvollen Hörakustiker.

Schließt der Bedenken aus, eine Hörhilfe zu tragen, muss geklärt werden, "ob 'nur' ein leichter Hörverlust vorliegt, der knapp an der Indikationsgrenze vorbei geschlittert ist oder ob es sich um einen versteckten Hörverlust handelt". Im Hinblick auf eine Hörgeräteversorgung würden die Maßnahmen und Empfehlungen bei einem verdeckten Hörverlust anders ausfallen, erklärt Schadow.

Kommt der Betroffene für ein Hörgerät in Frage, kann der sich auch privat ohne Krankenkasse die Hörhilfe beschaffen. "Ein seriöser Akustiker würde den Aufwand abschätzen und ein Angebot erstellen. Eine reine Privatversorgung ist in der Regel preiswerter zu realisieren, da hier weniger mit Pauschalen gearbeitet wird und der bürokratische Aufwand recht gering ist", verrät der Geschäftsführer von Hörstil.

Es ist also durchaus möglich, sich privat ein Hörgerät zu organiseren, und dabei nicht all zu hohe Kosten tragen zu müssen.

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Profilbild von Steffen Gottschling

Steffen Gottschling ist der leitende Redakteur der Ratgeber-Redaktion. Bevor er 2016 bei basenio.de begann, war er im Rundfunk und in der Online-Redaktion einer regionalen Tageszeitung tätig. Seine Themenschwerpunkte sind die Bereiche Pflege & Recht.

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